In Mittelamerika und der Karibik werden Zigarren heute noch in vielen Produktionsstätten wie vor zweihundert Jahren von Hand gerollt. 80 bis 160 Zigarren fertigen die so genannten Torcedoras und Torcedores pro Tag. Erfahren Sie mehr über das Kunsthandwerk, die Torcedores sowie deren Unterhaltung während des Zigarren-Rollens.

In Europa werden keine Zigarren mehr von Hand gerollt – weder bei VILLIGER noch bei anderen Europäischen Zigarren-Herstellern. Die ca. neunmonatige Ausbildung zum sogenannten Torcedor wird nur in den Fertigungsländern und dort in den Zigarrenfabriken direkt vorgenommen. In den meisten Produktionsbetrieben, sitzen die zukünftigen Torcedoras und Torcedores dabei in den hintersten Reihen der Manufaktur.

Blätter vorbereiten und entrippen

Ähnlich wie beim Kochen ist eine gute Vorbereitung sehr hilfreich und wichtig. So platzieren und sortieren die Torcedores sowohl ihre Werkzeuge als auch die benötigten Zutaten auf dem Arbeitstisch. Die drei Zutaten einer Zigarre sind die Einlage, die Umblätter und das Deckblatt. Alle drei Typen von Tabakblättern werden zuerst befeuchtet und entrippt – man entfernt den Blättern also die mittlere Rippe. Der Mythos, das Zigarren auf den Oberschenkeln von Jungfrauen gerollt werden, stammt aus der Tatsache, dass bei der Ankunft des Tabaks in den Fabriken, d.h. vor der eigentlichen Bearbeitung, eine Gruppe von Frauen, die Tabakblätter nach Größe, Farbe und Beschaffenheit sortieren. Dazu benutzen sie auch ihre Oberschenkel.

Einlage in Umblätter einrollen

Sind die Zutaten und Werkzeuge vorbereitet, kann das eigentliche Rollen beginnen. Dazu entnimmt der Torcedor dem „Tabakpaket“ für diesen Tag ein passendes Umblatt und legt es mit der Blattspitze zum Brandende der Zigarre. Dort ist der Tabak-Geschmack nicht so stark, wodurch der Smoke mit zunehmender Rauchdauer intensiver wird. Dann werden 3 bis 5 verschiedene Tabak-Einlageblätter länglich angeordnet. Dies, damit feine Luftkanäle entstehen, durch die der Rauch zirkulieren kann. Die Einlageblätter werden zu einem Bündel gefaltet und fest aber nicht zu dicht in das Umlageblatt eingerollt. Das ist der wohl delikateste Vorgang, der den Torcedores viel Fingerspitzengefühl abverlangt. Denn wenn man zu fest rollt, wird der Zugwiderstand später zu gross und es entsteht keine echte Freude beim Smoke. Rollt ein Torcedor hingegen zu locker, wird der Abbrand ungleichmäßig und auch der Zug zu leicht. Die Zigarre brennt dann auch zu schnell ab und fühlt sich auch nicht fest genug an.  

Pressen und mit Deckblatt umhüllen

Die von Umblättern eingewickelte Einlage wird Wickel oder Puppe genannt. Diese Puppe kommt für 15 bis 30 Minuten in eine Zigarren-Presse, wo die Puppe in die finale Form gebracht wird. Anschliessend schneiden die Torcedores überschüssige Blätter am Kopf- und Fussende der Zigarre ab.
Als äusserste Schicht wird nun die gepresste Puppe noch mit dem Deckblatt umhüllt. Während Einlage und Umblätter jeweils aus mehreren Blättern bestehen, besteht das Deckblatt nur aus einem einzigen Blatt. Dennoch ist dieses Deckblatt sehr wichtig für den Geschmack, die Farbe und auch die Qualität des Endprodukts. Das leicht feuchte Deckblatt wird mit den Adern nach oben ausgelegt und in Form eines Halbmondes zurechtgeschnitten. Am Kopf wird das Deckblatt mit einem speziellen Zigarren-Leim festgeklebt und zu einem geschlossenen Ende gerollt. Alternativ kann auch ein kleiner Teil des Deckblattes ausgestanzt werden, um damit den Zigarren-Kopf abzuschließen. Zum Abschluss schneiden die Torcedores das Brandende mit der sogenannten Guillotine in Form und legt die fertige Zigarre zu den anderen Kunstwerken, die dann in Bündeln von 50 Stück mit der Nummer des Torcedores, der Zigarren-Marke sowie Format und dem Herstellungsdatum versehen werden. Die frisch gerollten Zigarren werden dann in diesen grossen Bündeln in einen der zahlreichen Aging Rooms der Fabrik verbracht, wo sie ca. 3 Monate reifen sollen.

Qualitäts-Sicherung vor Ort

Je nach Erfahrung sowie Zigarren-Format und Roll-Schwierigkeit fertigen Torcedores zwischen 80 und 160 Zigarren pro Tag. Anhand dieser Anzahl von fehlerfrei abgenommenen Kunstwerken richtet sich auch das Gehalt der Zigarren-Roller. Um die hochwertige Qualität der Tabak-Produkte zu gewährleisten, gibt es verschiedene Stufen der Qualitätssicherung. Einerseits beaufsichtigen Betriebsleiter die Arbeit ihrer Torcedores, andererseits überprüfen die Arbeit jeder Abteilung hinsichtlich der Techniken, der Herstellungs-Qualität sowie der Massgenauigkeit. Dazu wird vielerorts auch die moderne Technik der Draw Master genutzt. Das sind technische Geräte, die mittels Gasdruck der Zugwiderstand der gerollten Wickel überprüfen.
Die Zigarren-Bündel werden dann in eine gesonderte Qualitäts-Kontrolle gebracht, wo sie von Fachprüfern auf Gewicht, Länge, Durchmesser, Festigkeit, Herstellungsqualität und Aussehen geprüft werden. Mittels Zufallsstichproben werden einige Zigarren sogar geöffnet, um deren innere Struktur und die Mischung zu begutachten.

Qualitäts-Sicherung in Europa

Obwohl es in Europa keine Torcedores gibt und die in Europa hergestellten VILLIGER-Zigarren maschinengefertigte Zigarren oder Spezialitäten wie die VILLIGER ORIGINAL-KRUMME sind, hat auch VILLIGER in Europa Abteilungen, die sich ausschliesslich um handgerollte Zigarren kümmern. Das ist zum einen die Qualitäts-Kontrolle, die stichprobenartig die Eingangskontrolle durchführt. Dabei werden die handgerollten Zigarren aus Lateinamerika auf Länge, Durchmesser, Deckblattfarbe, Gewicht, Feuchtigkeit und Zugwiderstand überprüft. Und zum anderen ist das die Konfektionierungs-Abteilung, wo die überprüften Zigarren für den Verkauf vorbereitet werden.

Smokers Panel

Die Zusammensetzung der Tabakmischungen (Blend) von handgemachten Zigarren bleiben grundsätzlich immer gleich. Wenn sich VILLIGER aber entscheiden würde, den Geschmack, das Aroma oder die Stärke einer Zigarren-Marke zu verändern, dann würde der Hersteller damit beauftragt, nach Vorgaben von VILLIGER neue Muster zu erstellen, die dann von einem sogenannten Smokers Panel getestet würden. Anhand der Resultate eines komplexen Fragebogens würde dann allenfalls dem Hersteller der Umstieg auf ein neues Muster mitgeteilt. Dieses Smokers Panel wird ebenfalls einberufen, wenn VILLIGER eine neue Marke lancieren will und entsprechende Muster prüfen möchte.

Lectores – Vorleser als Unterhaltung 

Das präzise Rollen von Zigarren ist Akkordarbeit. Um die Torcedores bei ihren repetitiven Arbeitsschritten zu unterhalten oder sie über das politische, gesellschaftliche und sportliche Geschehen zu informieren, gab und gibt es in den Produktionsstätten z.T. heute noch Lectores. Das sind spezielle Vorleser, die aus der Zeitung oder Büchern wie z.B. Romeo und Julia oder der Graf von Monte Christo vorlesen. Weil der Beruf als «lectora de tabaquería» bis heute auf Cuba ein anerkannter Beruf ist, wurde er 2012 als nationales Kulturerbe eingestuft. So helfen die Lectores nicht nur massgeblich zum Gelingen einer guten, handgerollten Zigarre bei, sondern sie sind auch ein Grund dafür, dass das Zigarren-Rollen einen schon fast mythischen Ruf erlangt hat.

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